Hätte Aristoteles gekocht, hätte er mehr geschrieben.
(Juana Ines de la Cruz)

Sonntag, 2. Januar 2011

Grundlagen der mexikanischen Küche (6): Cacahuacuauhuitl?



Wir kennen die Azteken, und wir wissen auch dieses und jenes über die Maya. Zum Beispiel, dass es ein Handelskanu ebendieser Maya war, auf dem Kolumbus bei seiner vierten Expedition 1502 zum erstan Mal Kakaobohnen vorfand. Doch es waren gemäss neusten Forschungen weder die Maya noch die Azteken, welche als Erste Kakao anbauten. Die weniger bekannten Olmeken waren es, die um 1500 v.Chr. im feuchten Tiefland der mexikanischen Golfküste, im südlichen Veracruz und Tabasco siedelten und uns neben kolossalen Steinköpfen auch jene Pflanze hinterliessen, aus dem Kakao gewonnen wird. Der schwedische Naturforscher Carl von Linné taufte sie 1753 auf den Namen Theobroma cacao. Die Azteken hatte den Baum Cacahuacuauhuitl genannt. «Theobroma» kommt aus dem Griechischen und bedeutet Speise der Götter, doch «cacao» scheint ein Lehnwort aus der mittelamerikanischen Mixe-Zoque-Sprache zu sein und keine weitere Bedeutung zu besitzen.

Der Kakao hatte hingegen schon eine gewisse Bedeutung, wie Kolumbus und seine mannschaft an jenem 15. August 1502 beim Aufgreifen jenes Maya-Kanus schnell realisierten. Ferdinand, der zweite Sohn von Kolumbus, schrieb in einem erst 1571 in Venezuella veröffentlichen Bericht folgendes: «Zu den Nahrungsmitteln, die sie mit sich führten, zählten (...) viele von diesen Mandeln, welche in Neuspanien (Mexiko) als Geld benutzt werden. Diese mandeln schienen ihnen viel wert zu sein, denn als sie mit ihren Gütern zusammen an Bord gebracht wurden, beobachtete ich, dass sie, sobald eine dieser Mandeln auf den boden fiel, sich allesamt hinabbeugten, um sie aufzuheben, als ob ein Auge heruntergefallen wäre.» Dass diese «Mandeln» Kakaobohnen waren, merkten die Spanier schnell. Sie schickten einige davon nach hause, wo aber niemend etwas damit anfangen konnte, weil sie abscheulich bitter schmeckten.

1519 kostete aber Hernan Cortez erstmals Schokolade, wie sie die Azteken aus den Kakaobohnen zubereiteten - sowohl als Getränk, aber auch als Paste. Diese dürfte wohl mit unseren heutigen Schokoladetafeln vergleichbar sein. Schliesslich wurde auch eine Suppe zubereitet, vielleicht eine Urform der heutigen Mole oder gar eine Mischung aus Schokolade und Chilis. Cortez schickte nun nicht nur die Kakaobohnen, sondern auch die Rezepte nach Spanien, wo man die gerösteten und gemahlenen Bohnen presste und mit dem damals ebenfalls erst gerade entdeckten Rohzucker vermischte. Der Erfolg war durchschlagend. Eines der ersten «Opfer» war Maria Theresia, die spanische Gemahlin von Ludwig XIV. Sie büsste ihren übermässigen Schokoladegenuss mit dem Totalverlust ihrer Zähne.

Die moderne mexikanische Küche verdankt der Schokolade einiges ihres weltweit nicht sonderlich guten Rufes, weil nicht übermässig gut informierte Schreiber den Mexikanern die abenteuerlichsten Schoggi-Gerichte andichteten. Dazu gehörten Spiegeleier «Mecicatl» mit flüssiger Schokolade, die gleichfalls so verfeinerte Dorade «Yucatan» sowie mit Schokolade gefüllten Zwiebeln «Santa Rosa». Diese Gerichte gibts aber nicht. Zwar kann ein kleines Stück Schokolade der bekannten Mole hin und wieder zugefügt werden, die bekannten Rezepte und die guten Restaurants verzichten aber darauf.

Als Getränk - fast ausschliesslich mit Wasser und nicht mit Milch zubereitet - ist die Schokolade in Mexiko aber sehr geschätzt. Das gilt auch für die beliebte Atole, eine Art Mais-Saft. Dieser wird gerne mit Schokolade versetzt und heisst dann Champurrado. Und dann gibt es - trotz einer nicht sehr ausgeprägten Dessert-Kultur - manch einen Nachtisch auf Basis oder mit Schokolade, denn die Mexikaner lieben Süsses (das für den mitteleuropäischen Geschmack definitiv zu süss ist). Natürlich unterscheidet sich die mexikanische Schokolade deutlich von unseren so feinen einheimischen Produkten. Doch das wollen wir den Mexikanern nachsehen, haben sie uns doch mit dem Cacahuacuauhuitl die Grundlage für eine ganze Industrie beschert.

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