Wer das «Chili con carne» als Höhepunkt der mexikanischen Kochkunst betrachtet, der sieht schlecht. Das «3C» mit all seinen absonderlichen und häufig auch noch abstrusen Auswüchsen stammt aus den USA (es könnte jetzt hier auch noch geschrieben stehen: woher denn sonst?), muss einer Küche zugerechnet werden, die man «Tex Mex» nennt und in der der mexikanische Einfluss sich meist auf den Tellerwäscher beschränkt. Wer in Mexico City unbedingt ein Chili con carne essen will, der muss zuerst den Flieger nach Norden nehmen.
«Die» mexikanische Küche gibt es so wenig, wie es «die» französische Küche gibt, aber es existieren ganz viele regionale Küchen, von Jalisco, Oaxaco, Veracruz, Michoacan, Yucatan. All diese lokalen Besonderheiten sowie eine fast unvorstellbare Fülle an verschiedenen Gemüsen, Früchten und natürlich Gewürzen machen die mexikanische Küche zu einer der interessantesten der Welt; die Mexikaner haben auch, lange bevor die Franzosen überhaupt daran gedacht haben, beantragt, dass ihre Küche zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben wird. Dass wir den Mexikanern und ihren Kochkünsten nicht den gleichen exotischen Reiz zubilligen wie etwa den Thailändern oder Japanern, liegt wohl daran, dass wir Europäer die typischen Produkte viel zu gut kennen. Ein weiteres Problem ist auch, dass uns viele nur so genante mexikanische Restaurants den Geschmack verdorben haben; nicht überall, wo Mexiko draufsteht, ist auch Mexiko drin.
Mit Sicherheit hat man schon anständig gegessen und getrunken in Mexiko, bevor sich Kolumbus auf den Weg nach Indien machte. Als er und wenig später Cortez mit seinen Horden dort ankamen, assen die Mexikaner Mais, Bohnen, die Avocado genauso wie die Tomate, auch Vanille und ganz besonders Schokolade (einverstanden, nicht das süsse Zeugs, was wir heute als Schokolade kennen). Die Vielfalt war so gewaltig, dass darüber Bücher verfasst werden konnten, die «Historia plantarum novae Hispaniae» des Doktors Francisco Hernandez und der «Codex barberini» des indianischen Übersetzers Juan Badiano zeichneten über 10'000 Pflanzen auf, welche den Europäern damals nicht bekannt gewesen waren. Doch schon damals galt: kein Essen ohne Bohnen - und erst recht kein Essen ohne Tortilla.
Die wichtigste Mahlzeit in Mexiko ist das Mittagessen, das zwischen zwei und vier Uhr eingenommen wird. Die Einheimischen sind zwar Weltmeister im Naschen, Antojitos, kleine Vorspeisen, gibt es ohne Ende, doch ein anständiges Mahl besteht zuerst aus einer Suppe, dann der «trockenen Suppe» (das ist meist Reis), als Hauptgang Fisch oder Fleisch oder Huhn, immer mit Tortilla, immer mit Bohnen (die als ein gesonderter Gang gelten), dann noch ein extrem süsses Dessert. Oder Früchte. Am Morgen gibt es nicht viel, das zweite Frühstück, so um 9, 10, kann dagegen kräftig sein, Tortillas, Eier, frische Chili. Am Abend gibt es dann nicht mehr viel, meist nur das, was vom Mittagstisch übrig geblieben ist.
Die Mexikaner sind extrem stolz auf ihre Küche, und sie schreiben auch gerne darüber: Schon 1831 erschien «El Cocinero Mexicano», der eine lange Reihe von Rezeptbüchern nach sich zog (so zum Beispiel auch das verfilmte «Schäumend wie heisse Schokolade» von Laura Esquivel). Man philosophiert gerne und ausführlich über das Essen und alles, was damit zusammenhängt. «Hätte Aristoteles gekocht, hätte er mehr geschrieben», bringt die Nationalheldin Schwester Juana Ines de la Cruz diese Lebenseinstellung auf den Punkt.
Mehr: Die Grundlagen der mexikanischen Küche (2): Kein Essen ohne Tortilla
Und: Die Grundlagen der mexikanischen Küche (3): Das Gericht der Engel
Mehr: Die Grundlagen der mexikanischen Küche (4): Vom Hodenbaum und Wanzen
Noch mehr: Die Grundlagen der mexikanischen Küche (5): Scharf ist, was zwei Mal brennt
Und noch mehr: Die Grundlagen der mexikanischen Küche (6): Cacahuacuauhuitl?
Und noch mehr: Die Grundlagen der mexikanischen Küche (7): Vom Trinken zum Essen
Und noch mehr: Die Grundlagen der mexikanischen Küche (8): «Tequila ist Mexico»
Und: Die Grundlagen der mexikanischen Küche (9): Die «chicas» von Ciudad de Mexico
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