Hätte Aristoteles gekocht, hätte er mehr geschrieben.
(Juana Ines de la Cruz)

Montag, 13. Dezember 2010

«Etti» und andere blutte Nudeli




Mein Sohn Gian, 6, hat ein klare Antwort auf sein Lieblingsgericht: Reis. Wenn wir ihm dann allerdings Reis auf den Tisch stellen, dann mag er Reis nicht mehr, dann möchte er lieber: «Nudeli». Da kann er ziemlich ausfällig werden. Seine Schwester Anna, 4, ist da nicht so kompliziert, sie sucht gar nicht erst den Umweg über den Reis oder sonstwas, sondern sagt immer klipp und klar: «Nudeli». Sie sagt es etwas undeutlicher, aber es ist trotzdem alles klar.
Damit machen sie mich fertig, meine Kinder. Da geb ich mir Mühe mit einem feinsten Sonntagsbraten, oder einem niedertemperaturgegarten Schweinsfilet, oder einer ganzen Goldbrasse, liebevoll zubereitet auf dem Grill, mit allem, was es dazu braucht, also ein paar Tropfen Olivenöl. Und was essen sie? Keinen Braten und auch nicht den dazu servierten hausgemachten Kartoffelstock, sie verschmähen das Filet mitsamt seiner traumhaften Sauce, rufen stattdessen nach «blutten Nudeli», den Fisch würdigen sie keines Blickes, verlangen dafür nach diesen panierten Fischabfallstäbchen.
Es trifft mich ins Mark. Der Papa ein Feinschmecker, ein Schlemmer, ein Vielfrass, dazu ein ambitionierter Hobbykoch. Und die Jungmannschaft? Komplette Verweigerer. Zwar wird mir in Büchern und anderen Ratgebern gepredigt, ich solle das locker sehen, mir weiterhin Mühe geben, die Kleinen verwöhnen, ihnen nur das Beste servieren. Doch was soll ich machen, wenn sie auf sämtliches Gemüse spucken, Fleisch verachten, Fisch boykottieren, Reis und Ebly und solches Zeug nur mit Widerwillen und dann in homöopathischen Dosen geniessen? Kartoffeln essen sie nicht, in keiner Form, hin und wieder schaffen wir es, ihnen ein Wienerli schmackhaft zu machen, Suppe kommt nur dann gut an, wenn sie Buchstaben, sprich: Nudeli drin hat. Pizza, noch so ein italienischer Klassiker: Fehlanzeige, keine Chance.
Die Teigwaren haben allerdings einen Vorteil: Wenn wir was auch immer zu einer Sauce verarbeiten, dann wird diese mit den Nudeli gegessen. So kriegen sie Fleisch (meist in Form eines über mindestens drei Stunden hingebungsvoll gepflegten Ragu), so kriegen sie Gemüse (da sind wir unterdessen wahre Meister im Herstellen von Pampen aller Art geworden), mit «etti» (Anna) essen sie sogar Speck und Fisch und sogar Muscheln. Ich hab mir jetzt ein Kochbuch gekauft mit 100 verschiedenen Pasta-Saucen, vielleicht bringt das ja was. Mir allerdings hängen diese Nudeli längst beidseitig aus den Ohren, mir graut vor jedem Nachtessen, beim dem es mal wieder Teigwaren gibt. Also: jedem.

Allerdings: wie ich so höre. war ich als Kind anscheinend ähnlich heikel wie mein eigener Nachwuchs. Es besteht vielleicht noch Hoffnung.


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