Hätte Aristoteles gekocht, hätte er mehr geschrieben.
(Juana Ines de la Cruz)

Freitag, 10. Dezember 2010

«Schweizer Käse» - ein Meisterwerk




Es soll tatsächlich Menschen geben, die mögen keinen Käse. Können ihn nicht riechen. Doch gerade in der Schweiz ist Käse ein wichtiges Thema, auch wenn es für einmal nicht die Schweizer waren, die dieses Produkt erfunden haben. Denn bereits in der Steinzeit hatten die Jäger entdeckt, dass geronnene Milch unter günstigen Umständen zu einem nicht nur essbaren, sondern auch lagerfähigen Lebensmittel werden konnte. Über die Jahrtausende entstand eine wahre Kunst der Käserei. In dieser Kunstform spielte die Schweiz nun aber eine wichtige Rolle, denn das Grundprodukt allen Käses ist die Milch, und davon gab und gibt es im helvetischen Raum schon immer reichlich.

Der Wirtschafts- und Food-Journalist Dominik Flammer hat nun zusammen mit dem freischaffenden Fotografen Fabian Scheffold ein Standardwerk geschaffen, das nicht bloss die Geschichte des Schweizer Käse wunderbar auf den Punkt bringt, sondern vor allem einen ausgezeichneten Überblick über das aktuelle Schaffen der Käser bietet. Liebevoll, mit viel Charme und noch mehr Wissen werden Produzenten von Urkäse (wie etwa dem Bloderkäse, dem Schab- und Kräuerziger oder dem Mascarpin), den typischen Schweizer Traditionskäse (vom Gruyère über den Sbrinz und den Emmentaler bi shin zum Tomme vaudoise) und neuen Kreatioen (etwa dem Stanser Fladen) vorgestellt. Dazu kommt ein spannendes Kapitel über verschwundene und bedrohte Käsesorten.

Doch Flammer und Scheffold haben nicht bloss lexikalische Arbeit geleistet, sondern höchst lesens- und betrachtenswerte Portraits von einzelnen Käsern geschaffen, die als exemplarisch für die hohe Schweizer Käsekunst bezeichnet werden können. Diese Geschichten sind charmant geschrieben, immer spannend und lesenswert, bloss manchmal etwas länglich.

Neben der hohen Qualität der Texte gefallen auch die Bilder von Fabian Scheffold. Seine moderne Arbeitsweise kontrastiert bestens mit der alten Kunst der Käserei, die ja oft von stämmigen, sehr bodenständigen Männern (und auch wenigen Frauen) betrieben wird. Hin und wieder sind die Bilder aber auch etwas gar heftig «gekünstelt», so etwa beim Titelblatt des grossartigen, 350 Seiten starken Werks, wo der perfekt ausgeleuchtete Käser nicht so recht in den romantischen Hintergrund passen will.

Aber prinzipiell ist zu schreiben, dass «Schweizer Käse» alles andere als Käse ist. Die grosse Arbeit von Flammer/Scheffold ist unbedingt lobenswert, an diesem Werk werden nicht nur Käseliebhaber Freude haben, sondern alle, denen die Kunst des Handwerks noch etwas gilt. Die Ausführlichkeit ist ein Segen, das Verzeichnis der Adressen ebenfalls, und der Unterhaltungswert auf höchsten Niveau.

Das Buch:
Dominik Flammer/Fabian Scheffold, Schweizer Käse – Ursprünge, traditionelle Sorten und neue Kreationen, erschienen im AT Verlag, Aarau, 98 Franken.

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